Wo warst du, als Jonas Müller im Olympia-Finale traf? (3)

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24.02.2019

Wo warst du, als Jonas Müller im Olympia-Finale traf? (3)

Der 25. Februar 2018 war ein denkwürdiger Tag für das Eishockey in unserer Republik. Das Team vom Deutschen Eishockey Bund (DEB) hatte es bis ins Olympiafinale geschafft und traf dort auf die olympischen Athleten aus Russland. Über 8000 Kilometer von Berlin entfernt, im südkoreanischen Pyeongchang, ging es hart zur Sache. In der 57. Minute kam dann der Auftritt von Eisbären-Verteidiger Jonas Müller aus Berlin-Karlshorst. Wir wollen mit einer kleinen Artikelserie auf den womöglich größten Tag im deutschen Eishockey zurückblicken.

 

In Liverpool?!

Von Flo Bande


Ein Jahr ist es nun her, dass die Auswahl des DEBs in Korea für Furore sorgte, als sie ins Finale der Olympischen Winterspiele 2018 einzog. Somit musste sich der bisher größte Erfolg des Deutschen Eishockey Bundes aus dem Jahr 1976 bei den Winterspielen in Innsbruck an zweiter Position einreihen. Denn das Team um den damaligen Bundestrainer Marco Sturm konnte die Silbermedaille gewinnen. So gut wie jeder kann erzählen, wo er sich befand, als Jonas Müller den Puck einnetzte und wie emotional es für ihn selbst war. Genau das kann ich euch auch sagen, weil es sehr naheliegend ist. Ich befand mich im Bett. Um genau zu sein, nicht in meinem Bett, sondern in dem Bett unseres gemieteten Ferienhauses in Liverpool, England.
Ich machte mich kurz zuvor mit einer kleinen Gruppe auf den Weg ins altehrwürdige Großbritannien. Zwei nun ältere Herren schmachteten über Jahre bei jedem Artikel, jeder Spielübertragung und bei Erzählungen über den FC Liverpool mit dem Satz „Ach, ob ich es jemals nach Anfield schaffe?!“ Somit war ein 50. Geburtstag Grund genug, diesem Schmachten ein Ende zu setzen und in den Nord-Westen Englands zu reisen. In Liverpool selbst waren die Winterspiele nebensächlich. Wir waren schließlich in Liverpool, wo sich eine ganze Stadt nur um eine Sportart dreht!
Für mich als Sympathisant von Manchester United war es natürlich erst etwas schwierig, die Begeisterung meiner Mitreisenden nachzuvollziehen. Doch die Menschen vor Ort und das Leuchten in ihren Augen, wenn sie über ihren Football Club of Liverpool sprachen, steckte mich dann doch an. Die geschichtsträchtige Stadt tat dazu ihr übriges. Straßennamen aus Beatles-Texten, Häuser aus der Hochzeit der britischen Industrialisierung und damit der typische britische Charme zogen mich schnell in ihre Faszination. Dennoch sprach ich nicht laut aus, dass eines meiner wenigen Fußballtrikots keinen Liverpool-Bird auf der Brust hat.

Ganz ohne Eishockey ging es dann doch nicht. Immer wieder wurden die Drittelergebnisse des olympischen Eishockeyturniers überprüft und des Öfteren schaute man sich mit großen Augen an. Doch nun zu eben jenen Stunden, weshalb ich jetzt hier in Thüringen sitze und diese Zeilen schreibe.

 

Es war so weit. Der 25.2.2018 war angebrochen und das DEB-Team spielte um Gold. Was für eine sportliche Leistung für diesen Verband, Geschichte konnte geschrieben, Helden geboren werden! Alle in meiner Reisegruppe waren den Tag über angespannt und fieberten dem Endspiel entgegen. Sie waren so angespannt, dass sie fast vergaßen, dass Großbritannien im Vergleich zu Deutschland einen Zeitunterschied von einer Stunde hat. Dieser Fehler hätte fast das erste Drittel gekostet…
 

Doch ich wägte ab. Entweder die Nacht für das Spiel durchmachen, um den ganzen Tag durchzuhängen oder ins Bett gehen und ausgeruht in den Tag starten. Wie ihr sicherlich noch wisst, habe ich mich für Option zwei entschieden. Jetzt werden einige von euch denken „WAS! Deutschland kann Gold bei Olympia gewinnen und der Typ geht lieber schlafen, als sich das Spiel anzusehen?!“ Jupp, das hat der Typ getan. Doch ehrlich gesagt, war ich doch etwas neugierig und wollte nicht alles verschlafen. Also baute ich mir ein Back-Up ein: „Hy Leute, ick jeh pennen. Aber weckt mich mal, wenn wat aufregendes passiert. Ansonsten bis morgen“.

Pünktlich zur Verlängerung hörte ich die alte Holztreppe des Ferienhauses krächzen und die schwere Zimmertür sprang auf, als wenn es nur ein Stück Papier wäre. „Flo, komm runter! Die spielen nach drei Dritteln weiter!“. Mit einem liebevoll verschlafenen „Wa?!“ pellte ich mich aus dem Bett und schleppte mich ähnlich krächzend wie die Holztreppe nach unten. Da saß nun meine Reisegruppe und starrte den Fernseher an, der die hysterische Stimme des Kommentators in meine noch verschlafenen Ohrmuscheln schleuderte. Erst jetzt wurde mir bewusst, was ich da sah. Eine deutsche Auswahlmannschaft spielt gegen die olympischen Athleten aus Russland bei den olympischen Winterspielen um Gold. Ok, dieser Moment beeindruckte selbst mich, den sonst Spiele von deutschen Auswahlmannschaften nicht wirklich interessieren. Da sind meine bevorzugten Sportnationen doch andere. Doch in dieser Liverpooler Nacht schien wohl einiges möglich zu sein. Also auch ein Spiel mit deutscher Beteiligung zu sehen. Über den genauen Verlauf und das Ende muss nun nicht geschrieben werden. Wir wissen alle wie es ausging und wie nachhaltig dieser Erfolg für den deutschen Eishockeysport war. Trotz diesem kurzweiligen Hype hat sich bis dato nicht viel geändert. Das Eishockey findet in der Öffentlichkeit nicht vermehrter statt als vor den Spielen. Nein, es findet erst wieder Gehör, nachdem aktive Spieler sich zu Wort melden und um mehr Aufmerksamkeit erbitten. Entscheidende Finalspiele der heimischen Eishockeyliga werden im selben Jahr nicht frei empfangbar gezeigt, weil die Priorität bei anderen Sportarten liegt. Gut kick!

Jetzt ist das Spiel in Pyeongchang knapp ein Jahr her. Ich weiß noch nicht, was es der Sportart in diesem Land gebracht hat. Aber auf die Frage „Wo warst du…?“, kann ich antworten „In Liverpool!“ und alle Erinnerungen zu dieser wahnsinnigen Tour kommen wieder hoch. Somit auch, dass selbst ich mit einer gewissen Anspannung vorm Fernseher saß und mich fragte, was passieren würde, wenn das DEB-Team jetzt das entscheidende Tor schießen würde…

Flo Bande ist einer der drei FanMittler und seit Jahren engagierter Fan. Seit 1996 sind sein Eishockeyclub die Eisbären Berlin. Er ist Mitglied vom Hauptstadteishockey-Podcast-Team.
 

Habt Ihr auch eine spannende Geschichte zum Müller-Tor? Dann schreibt sie auf und schickt sie uns per E-Mail (gerne mit Fotos) an info@eisbaeren.de. Wir werden sie in loser Folge veröffentlichen. Bisher sind Texte von Paul Heiber und Hannes Elster erschienen.

 

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